Aero-Club Zwickau

95 Jahre Flugplatz Zwickau und seine Bedeutung in der Region

Der Flug- und Landeplatz Zwickau ist mit fast 15.000 Starts und Landungen wohl der meist frequentierte seiner Art im Freistaat. Mit der Verlängerung des Pachtvertrages im Juni 2016 mit der Stadt Zwickau über weitere 25 Jahre wird sich daran auch nicht viel ändern. Die Geschichte in der Gemeinschaft der Flug- und Landeplätze begann allerdings schon am 1. April 1926. Daher lohnt sich auch einmal ein Blick ins unmittelbare vogtländische, ostthüringische und sächsische Umfeld.

Seit nunmehr 95 Jahren gibt es ein Landen und Starten an der Reichenbacher Straße. Die ersten Zwickauer „Aktivitäten im Flugwesen“ führen allerdings auf das Areal des Exerzierplatzes des 9. königlich sächsischen Infanterie-Regimentes Nr. 133 in Helmsdorf zurück. Der sich am 26. April 1909 dort gegründete „Verein für Luftfahrt und Flugwesen“ veranstaltete mit dem eigenen Heißluftballon „Zwickau“ Fahrten in der Region. Die in den darauffolgenden Jahren entstandenen Gebäude fielen dem 1919 in Versaille geschlossenen Gewaltfriedens-Vertrag mit Deutschland zum Opfer, der auch den Rückbau oder Abriss allen möglichen dem Militär dienenden Einrichtungen beinhaltete. Trotzdem blieben die „Flugjünger der Muldestadt“ als Verein bestehen und bemühten sich, einen neuen Flugplatz anzulegen. Am 1. April 1926 pachtete er das dem Lichtentanner Kommerzienrat Otto Schmelzer gehörende Grundstück, das auch als Schmelzer-Wiesen bekannte Gelände an der Reichenbacher Straße 129.  

Es war die „Gründer-Zeit“ des Flugwesens in Sachsen. In diese Jahre fallen auch die ersten Aufzeichnungen zum Chemnitzer Flughafen Jahnsdorf (am 4. Mai 1926 feierlich eingeweiht), des Flugplatzes Großrückerswalde unterhalb der „Drei Brüder Höhe“, von Taucha und von Pirna-Praschwitz (1928). Rund um Zwickau wurden Gera-Leumnitz / -Tinz (1926), Jena-Schöngleina (1929) und Sprossen-Zeitz zu Heimstätten der Fliegerei, war der Verkehrslandeplatz Plauen-Kauschwitz (1927) sogar im Netz der Lufthansa eingebunden. Schon wesentlich früher (1914) sind zwei weitere Flugplätze bei Plauen (Kobitschwalde und Reißig) genannt. Ein Großteil der vorab genannten Einrichtungen wurde als Segelflugplatz gegründet und besteht so noch heute bzw. wieder.

Dass das Militär eine bedeutende Rolle beim Auf- und Ausbau des Flugwesens hatte, bleibt unbestritten. So können Leipzig-Altenburg, einer der ältesten Fluglandeplätze Deutschlands (1916 Sitz einer Fliegerersatzabteilung), Kamenz (1911), Großenhain (seit 1914), die Fliegergarnison und Flugzeugführerschule Oschatz (1936) auf eine „Armee-Karriere“ zurückblicken. Interessant insbesondere dabei der Flugplatz Brandis-Waldpolenz. 1934/1935 erbaut, diente er unter anderem als Erprobungsplatz der Junkers AG Dessau. Hier wurde das Experimentalflugzeug Sack AS-6 (ein kreisförmiges „Nurflügelflugzeug“ – die sog. Reichsflugscheibe), das zweifelsohne dem heutigen Tarnkappen-Bomber angelehnt scheint, getestet.

Die „Militärgeschichte“ des Zwickauer Flugplatzes ist eine ganz andere. Seit 1938 befand sich in unmittelbarer Nachbarschaft das „Flugzeugreparaturwerk Gustav Basser“. Der Neubau verfügte über unterirdische Hallen, in denen überwiegend Focke-Wulf Fw 190 und die Fieseler Storch repariert wurden. Auch die „Ein-Nordung“ der Maschinen und das Einvisieren der Bordbewaffnung erfolgten auf diesem Areal. Vom Flugplatz aus traten sie dann direkt den Weg in die jeweiligen Frontverbände an. Nach der Bombardierung und der weitestgehenden Zerstörung der Anlage (letzter Zeitzeuge auf dem Flugplatzareal war bis vor einigen Jahren noch ein Bombentrichter unmittelbar an der Kreuzung Reichenbacher / Neuplanitzer Straße) wurde im Frühjahr 1953 begonnen, den Flugplatz unter strengen Auflagen wieder funktionstüchtig zu machen. Den Anfang wurde mit einem alten Schulgleiter SG-38 gemacht. Die GST hielt im März 1957 Einzug und bis 1973 hatte hier sogar eine erfolgreiche Motorkunstflugstaffel ihr Zuhause. Doch was heuer wegen eines einmal im Jahr ausgetragenen Flugplatzfestes den einen oder anderen stört, führte wegen „andauernden Fluglärms im benachbarten Neuplanitz“ zum Aus des Motorkunstflugs.

Inzwischen hat sich der Flug- und Landeplatz längst wieder für den Geschäftsbetrieb etabliert. Auch Lehrgänge und Gästeflüge starten ab der Reichenbacher Straße. Das mittlerweile avisierte 20. und stets begeistert aufgenommene Flugplatzfest – bei dem auch ehemalige im Militär eingesetzte Flugzeuge zu Gast sind – beweist das immer noch oder sogar gestiegene Interesse an flugtechnischer Ingenieurkunst vergangener Jahre. Seit den fliegerischen Anfängen war und ist in Zwickau jedoch der Segelflugsport zu Hause. Ob seiner Größe und tollen geographischen Lage und den damit verbundenen guten thermischen Gegebenheiten war und ist der Flugplatz (in den vergangenen Jahren so oft wie noch kein anderer) bereits Gastgeber mehrerer nationaler Meisterschaften. Nicht zuletzt verdankt er das der rührigen Arbeit des seit 1990 existierenden Aero-Clubs. Ein gewonnenes Image, das die Stadt bis dato nicht gerade ausreichend wahrgenommen hat.

Quelle: Udo Hentschel